GEW für bekenntnisfreie Schulen

Der Zentralrat der Konfessionsfreien begrüßt ausdrücklich den einstimmigen Beschluss des 30. Gewerkschaftstags der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): Die Einführung bekenntnisfreier Schulen.

In dem Beschluss vom November 2025 heißt es:

Die GEW fordert die landesgesetzliche Ermöglichung bekenntnisfreier Schulen. Die GEW setzt sich dafür ein, dass Schulgremien, in denen Erziehungsberechtigte, Schüler*innen und Pädagog*innen vertreten sind, die Umwandlung oder Errichtung ihrer Schule als bekenntnisfreie Schule nach Artikel 7 Absatz 3 Satz 1 GG beantragen können. […] An einer bekenntnisfreien Schule gäbe es keinen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach. Es gäbe aber für alle Schüler*innen einer Klasse oder Lerngruppe ein verpflichtendes Fach zur ethischen, philosophischen und religionskundlichen Meinungs-, Willens- und Wertebildung.

Mit rund 275.000 Mitgliedern und zwölf Bundesfachgruppen gilt die GEW bundesweit als einflussreichste Interessenvertretung im Bildungswesen. Ihre Bundesfachgruppe „Gesamtschule” hatte den Antrag nach intensiver Vorarbeit eingebracht. Die Leiterin der Bundesfachgruppe Susanne Gondermann sagt: „Jetzt kommt es darauf an, diesen Beschluss insbesondere in den Bundesländern mit Leben zu füllen und umzusetzen.“

„Mit dem GEW-Beschluss rückt die bekenntnisfreie Schule in greifbare Nähe“

Philipp Möller, Vorsitzender des Zentralrats, freut sich: „Die GEW hat einen Meilenstein erreicht, denn mit ihrem Beschluss rückt die bekenntnisfreie Schule endlich in greifbare Nähe. Bekenntnisfreiheit an öffentlichen Schulen ist ein Kernanliegen einer säkularen Lernkultur an Schulen. Gemeinsam mit unseren Partnern in der GEW und unseren Verbündeten in der Politik werden wir uns weiterhin in den Landtagen und Schulministerien sowie bei Eltern- und Schülervertretungen dafür stark machen, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr nach Konfessionen getrennt unterrichtet werden müssen. Unsere Botschaft: Die Schule ist der Ort, an dem alle gemeinsam den wichtigen philosophischen, ethischen und auch religiösen Fragen nachgehen und sich die Welt erschließen können – auch unabhängig vom Glauben ihrer Eltern oder Community. Mit dem neuen GEW-Beschluss wird es nun umso mehr darum gehen können, die rechtlichen Voraussetzungen voranzubringen, mit denen Schulen sich selbstbestimmt als bekenntnisfrei bezeichnen können.”

Dabei sei wichtig zu betonen, dass die Ermöglichung bekenntnisfreier Schulen das Thema Religion in Schulen keineswegs tabuisiert. Möller sagt: „Auch an bekenntnisfreien Schulen kann es religiöse oder weltanschauliche Angebote geben, wenn auch nicht mehr als ordentliche Lehrfächer mit versetzungsrelevanten Schulnoten.“

Kritisches Denken statt Glaubenswahrheiten

Zudem weist der Verband darauf hin, dass der bisherige bekenntnisorientierte Religionsunterricht nicht primär der Vermittlung von Kenntnissen über Religion dient, wie oft angenommen wird, sondern laut Bundesverfassungsgericht auf die Vermittlung der Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft „als bestehende Wahrheit” orientiert ist. Ein solches Fach werde ohnehin immer weniger nachgefragt, so Möller. „Schulen sollten nicht länger Strukturen vorhalten müssen, in denen die Kinder nach religiösen Bekenntnissen sortiert werden. Eine zeitgemäße Pädagogik vermittelt nicht Bekenntnisse, sondern Erkenntnisse und kritisches Denken für die Bildung einer autonomen Urteilsfähigkeit.”

Zehn Probleme mit dem konfessionell getrennten Religionsunterricht

Im Februar 2025 hatte der Zentralrat der Konfessionsfreien im Rahmen seines Projekts Artikel 140 in seiner Publikationsreihe Konfessionsfrei Kompakt die Problemlage in zehn Punkten sowie Lösungen umfassend beschrieben. Das Papier wurde zielgerichtet an mehrere hundert Entscheidungsträger bundesweit gesendet sowie in Fachgesprächen vorgestellt. Demnach nimmt Deutschland mit seinem konfessionell getrennten Religionsunterricht einen europäischen Sonderweg ein, der nicht nur pädagogisch, sondern auch integrationspolitisch „fatal“ ist (Ahmad Mansour) und zugleich erhebliche schulorganisatorische Belastungen verursacht; in Hessen etwa gibt es derzeit 12 verschiedene Religionsunterrichte. Multikonfessionelle Modelle wie in Hamburg oder Niedersachsen stellen nur Scheinlösungen dar, denn auch sie müssen die verfassungsrechtlichen Anforderungen eines „Bekenntnisunterrichtes” erfüllen. Auch die jährlichen Kosten in Milliardenhöhe für Parallelangebote offenbaren großen Reformbedarf des bisherigen Systems, das unter vollkommen anderen gesellschaftlichen Voraussetzungen in der Bonner Republik etabliert worden war. Bei der landesrechtlichen Ermöglichung bekenntnisfreier Schulen handelt es sich um eine verfassungskonforme Lösung, die den heutigen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht wird. 

Große Zustimmung unter säkularen Verbänden

Der GEW-Beschluss zeigt eine hohe Anschlussfähigkeit zu Mitgliedsverbänden des Zentralrats: Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) hat 2022 in einer repräsentativen Studie dargelegt, dass sich 72% der Befragten für einen gemeinsamen Ethikunterricht statt getrenntem „Reli” aussprechen. Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) warnte 2024: „Islamischer Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ist der falsche Weg”. Und die Giordano-Bruno-Stiftung hat unter dem Titel „Mein Kopf gehört mir – Lernen für die offene Gesellschaft“ mit den Aspekten der Pluralität und Bekenntnisfreiheit im weltanschaulichen neutralen Staat ihr Schwerpunktthema 2025 ausgerufen.


Mehr Informationen:

Konfessionsfrei Kompakt Nr. 4: Bekenntnisfreie Schule im bekenntnisfreien Staat

Der GEW Beschluss 3.29: