
Der Zentralrat der Konfessionsfreien hat sich entschieden gegen die Aufnahme eines Gottesbezugs in die Landesverfassung von Schleswig-Holstein ausgesprochen.
„Dieser Schritt wäre der mehrheitlich säkularen Bevölkerung nicht zu erklären“, sagt Philipp Möller, Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien. In Schleswig-Holstein gehören 57% der Bevölkerung keiner Kirche an. „Ein neu hinzugefügter Gottesbezug in der Landesverfassung würde die absoluten Mehrheiten für säkulare Politik ebenso missachten wie das Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates.”
Die Kirchen hatten bereits in den Jahren 2014 und 2016 vergeblich versucht, die Aufnahme eines Gottesbezugs in die Landesverfassung zu erwirken. Für den dritten Versuch haben sie eine breitere Konstellation gewählt und setzen auf ein „interreligiöses Bündnis“, das auch problematische Islamverbände umfasst. Dazu gehören der Erdoğan-nahe Verband Ditib und die Schura Schleswig-Holstein. In der Schura befinden sich Mitgliedsgemeinden der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) – der „größten islamistischen Organisation Deutschlands“. Erst im September hatte das Bundesinnenministerium der Ditib ein Ultimatum gestellt, sich eindeutig von antisemitischen und islamistischen Positionen sowie von der politischen Einflussnahme durch die türkische Religionsbehörde Diyanet zu distanzieren; davon hänge die künftige Zusammenarbeit des Staates mit Ditib ab.
„Um den Gottesbezug in der Verfassung durchzusetzen, schrecken die Kirchen nicht davor zurück, einen Pakt mit problematischen Islamverbänden einzugehen. Das ist vollkommen inakzeptabel“, so Möller. „Allen Beteiligten muss klar sein, dass ein gemeinsamer Erfolg von Kirchen und Akteuren des Politischen Islam dem Islamismus in Deutschland Vorschub leistet.”
Der Zentralrat unterstützt jene politischen Kräfte im Kieler Landtag, die den Vorschlag ablehnen. Deutlich hat sich Lasse Petersdotter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Schleswig-Holsteinischen Landtag, positioniert. Er ging auf das von den Kirchen vorgetragene Argument eines Gottesbezugs als „Demutsformel” ein und erwiderte, „dass Demut sehr gut auch ohne Gott geht”. Der SPD-Abgeordnete Martin Habersaat wies darauf hin, dass schon bei den früheren kirchlichen Versuchen das Thema des Gottesbezugs „einen Großteil der öffentlichen Wahrnehmung gebunden” habe, was bedauerlich sei, und es nicht bei jeder Verfassungsänderung thematisiert werden solle.
Eine klare Absage erteilt der Zentralrat den Aussagen von Anette Röttger, die für die CDU Schleswig-Holstein schreibt, „ein Gottesbezug dient dem gesellschaftlichen Zusammenhalt”, denn: „Der Mensch denkt, Gott lenkt” und: „unsere Verfassungs- und Rechtsordnung beruht auf diesem historisch gewachsenen Wertesystem.”
„Die Aussagen der CDU-Abgeordneten Röttger widersprechen der Geschichte Europas und haben mit der gesellschaftlichen Gegenwart nichts zu tun”, hält Möller dagegen. „Wir sind heute nur so frei, weil unsere Vorfahren die politische Macht von der Religion befreit haben – diese historisch belegte Tatsache würde durch einen Gottesbezug verfälscht.”
Der Zentralrat der Konfessionsfreien fordert die Abgeordneten des Landtags auf, den Vorstoß klar zurückzuweisen. „Gegen Religion als Privatsache ist nichts einzuwenden”, sagt Möller, stellt jedoch klar: „Eine moderne Demokratie braucht keinen Gottesbezug, sondern eine starke Verfassung, die alle Menschen schützt – ganz unabhängig von ihrer Weltanschauung.“