Newsletter / November 2023: „Die beste Zeit für säkulare Politik ist jetzt.”

Liebe Konfessionsfreie,

die deutsche Islampolitik ist gescheitert. Spätestens die Reaktionen zahlreicher Muslime und Islamverbände auf den Terror gegen die israelische Bevölkerung belegen, worauf unsere Verbände seit vielen Jahren hinweisen: Wer den organisierten Islam fördert, fördert auch den organisierten Judenhass.

Die antisemitischen Ausschreitungen demonstrieren das Dilemma der deutschen Religionspolitik: Das Grundgesetz schreibt die Gleichbehandlung aller Weltanschauungsgemeinschaften vor, und solange die Kirchen mit Steuermilliarden subventioniert werden und sich in gesetzlichen Parallelwelten aufhalten – solange wird es schwer bis unmöglich sein, den politischen Einfluss des Islam einuzhegen.

Selbst den größten Verfechtern der Kirchenrepublik Deutschland muss jetzt klar sein: Ohne die Entflechtung von Staat und Kirchen gefährdet der organisierte Glaube den gesellschaftlichen Frieden und die innere Sicherheit Deutschlands. 

Die beste Zeit für säkulare Politik ist jetzt.

Herzlich, Ihr


Heute im Newsletter:

  1. Unsere Stellungnahme zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs
  2. „Säkulare Kultur statt religiöse Konflikte!” – unsere Pressemitteilung zur religionspolitischen Zeitenwende
  3. „Immer mehr Menschen entscheiden sich für ein Leben in Konfessionsfreiheit” – unser Claim im Positionspapier des säkularen Arbeitskreises der SPD
  4. Kommt ROLF nun auch nach Berlin? Wie die schwarz-rote Landesregierung den Religionsunterricht zum ordentlichen Lehrfach machen will.
  5. Kürzer notiert

1. Schwangerschaftsabbruch legalisieren

Die von der Bundesregierung eingesetzte „Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin” hat Ende September rund 50 Verbände zur Stellungnahme eingeladen. Darunter befinden sich zahlreiche explizit weltanschauliche, meist christliche Organisationen. Das wundert uns sehr, denn: In einem weltanschaulich neutralen Staat sind weltanschauliche Argumente für die Gesetzgebung unerheblich.

Aus taktischen Gründen mag es sinnvoll sein, die Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften um ihre Meinung zu bitten – nicht, dass es am Ende heißt, sie seien nicht gefragt worden. Aber die Beratung der Bundesregierung muss dem Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität gerecht werden. Mit dieser Argumentation haben wir uns an die Kommission gewandt und moniert, dass die anderen Zentralräte eingeladen wurden, aber wir nicht – mit Erfolg: Die Leiterin der Kommission hat uns eine offizielle Einladung geschickt.

Passend zu unserer Argumentation haben wir unsere Stellungnahme dann auf diesen Aspekt fokussiert:

Die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs muss weltanschaulich neutral gestaltet werden.

Manch kirchliche Positionen werden zwar immer liberaler, zumindest vordergründig – aber für die Gesetzgebung ist auch das letztlich unerheblich. Und weil es bisher nicht gelungen ist, die Einschränkung der reproduktiven Selbstbestimmung ohne Rückgriff auf religiöse Überzeugungen zu argumentieren, haben wir in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Instituts für Weltanschauungsrecht diese Forderungen abgeleitet:

  • vollständige Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs
  • keine Fristenregelung, keine Beratungspflicht, keine gesetzlichen Wartezeiten
  • Schließung der Versorgungslücken, die durch die §§ 218 und 219 entstanden sind

Ein Detail wollen wir noch hervorheben: Auch wenn der Schwangerschaftsabbruch vollständig legalisiert wird und die Beratungen dazu freiwillig stattfinden, sollten nur solche Beratungsangebote staatlich finanziert werden, die weltanschaulich neutral sind.

Ansonsten besteht die Gefahr, dass etwa Caritas und Diakonie weiterhin Beratungen auf Kosten der Allgemeinheit anbieten, in denen versucht wird, Frauen zum Austragen einer ungewollten Schwangerschaft zu überreden – und das darf in einem säkularen Staat nicht stattfinden.


2. Säkulare Kultur statt religiöser Konflikte

In einer Pressemitteilung haben wir die Forderungen nach einer religionspolitischen Zeitenwende unterstützt. Der Kern unserer Argumentation lautet:

Statt Religionsgemeinschaften weiter mit Steuermilliarden und Sonderrechten auszustatten, muss die säkulare Kultur Deutschlands gestärkt werden – nur so können religiöse Konflikte geschlichtet und der gesellschaftliche Frieden im Land gewahrt werden.

Offener Judenhass auf den Straßen erinnert an die finstersten Jahre Deutschlands. Islamischer Lobbyismus darf nicht auf Steuerkosten stattfinden und die wichtigste Botschaft steht weder im Koran noch in der Bibel, sondern in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:

Dennis Yücel  hat im Zusammenhang mit dem Hamas-Terror deutliche Worte an Ferda Ataman gerichtet: „Eine Antidiskriminierungsbeauftragte aber, die nicht willens oder nicht fähig ist, sich solchen Fragen zu stellen, sollte von ihren Aufgaben entbunden werden.”

Während die Kritik an Islamverbänden nicht abreißt, ist es ein vollkommen falsches Signal, dass sich Frank Walter Steinmeier nicht mit Seyran Ateş ablichten lässt, die ihre liberale Moschee aus Sicherheitsgründen schließen muss – ein richtiges Signal hingegen ist die breite Kritik am türkischen Präsidenten Erdoğan und seinem geplanten Staatsbesuch in Deutschland.

Neben uns haben sich zwei weitere säkulare Organisationen zu Wort gemeldet: Die Giordano-Bruno-Stiftung und der Zentralrat der Ex-Muslime rufen zu einer Zeitenwende im Umgang mit dem islamischen Faschismus auf.

Und kurz vor Redaktionsschluss unseres Newsletters war es endlich soweit: Das Innenministerium hat die Aktivitäten der Hamas in Deutschland verboten. Laut einem Bericht des Spiegel könnte dieses Verbot auch auf das Islamische Zentrum in Hamburg ausgeweitet werden, das wegen seiner mutmaßlichen Verbindung zum iranischen Mullah-Regime seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird.


3. SPD – Säkulare Partei Deutschlands?

Chapeau: Die SPD ist die erste und bisher einzige Partei, deren Vorstand der Gründung eines Arbeitskreises zugestimmt hat, der sich gezielt für säkulare und humanistische Politik einsetzt. Wie die Katholische Nachrichtenagentur berichtet, will der AKSH „mehr Mitsprache verschiedener Weltanschauungen in gesellschaftlichen Debatten. Über einen entsprechenden Antrag solle auf dem Bundesparteitag im Dezember beraten werden, teilte der AKSH in Berlin mit. Ziel sei es, eine „gleiche und gerechte Mitsprache aller Weltanschauungen in Deutschland” zu erreichen.”

Wir sprechen uns bekanntlich dafür aus, dass die Gleichbehandlung aller Weltanschauungen in Deutschland nicht durch den Aufbau von Privilegien anderer Weltanschauungsgemeinschaften stattfindet, bis sie auf dem Level der Kirchen sind – sondern durch den Abbau der Kirchenprivilegien, bis sie auf dem Level von eingetragenen Vereinen sind. Weltanschauung ist Privatsache, also muss sie auch privatrechtlich geregelt werden.

Philipp Möller beim Empfang des AKSH © P. Schunke

Wir sind froh, dass dieser Diskurs im AKSH bekannt ist und ebenso kritisch wie sachlich geführt wird. Beim Empfang des AKSH im Berliner „Haus des HUMANISMUS” haben wir uns gut vernetzt, produktiv diskutiert und uns vor allem über den dritten Satz in ihrem Antrag gefreut:


4. Religionsunterricht in Berlin: So arbeitet die Gottes-Lobby

Zum genauen Gegenteil der säkularen Politik des AKSH hat sich die Berliner SPD hinreißen lassen, vermutlich von der CDU – Achtung, Triggerwarnung: Die folgende Pressemitteilung der Berliner Senatskanzlei ist ein Meisterstück in Religionslobbyismus. Die Landesregierung will den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach einführen – kurz: ROLF.

Aber fangen wir vorn an: Der Religionsunterricht ist in der Hauptstadt kein ordentliches Lehrfach, sondern ein freiwilliges Zusatzangebot, dessen Zensuren nicht relevant sind für die Versetzung – doch genau das will die Landesregierung aus SPD und CDU laut Koalitionsvertrag ändern:

„Die Koalition strebt die Einführung eines Wahlpflichtfaches Weltanschauungen/Religionen als ordentliches Lehrfach an. In einem von fachlich ausgebildeten Lehrkräften erbrachten und von den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften inhaltlich gestalteten Unterricht können Kenntnisse über Religionen und Weltanschauungen vermittelt werden. Das Fach Ethik bleibt in seiner bisherigen Form bestehen.”

Insider der Berliner Bildungspolitik haben unsere Sorge vor ROLF zwar mit den Worten beschwichtigt, diese Absichten seien nicht besonders ernst zu nehmen. Doch unser säkulares Bauchgefühl ist gespeist aus der jahrzehntelangen Erfahrung mit der politischen Macht der Kirchen – und genau diese Macht spricht nun aus der Pressemitteilung der Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters von Berlin.

Über die Konsultationen mit dem Erzbistum Berlin sagt der CDU-Bürgermeister Kai Wegner: „Religion verbindet Menschen miteinander, sie trennt sie nicht voneinander. Die Kirchen sind für Berlin nicht nur Glaubenshäuser, sondern auch starke Verbündete.” Der Bischof ergänzt: „Unsere Kitas, Schulen und der konfessionelle Religionsunterricht stehen allen Kindern und Jugendlichen offen als Orte des gemeinsamen Lernens und der Verständigung”. Noch „unter dem Eindruck des terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel und der antisemitischen Proteste auf Berlins Straßen, betonten beide Seiten das Potenzial von Religion für den Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft”, schreibt die Pressestelle und schließt ab: „Im Einzelnen wurden u.a. besprochen, wie die im Koalitionsvertrag genannte Einführung eines staatlich organisierten und von den Konfessionen verantworteten Religionsunterrichts umgesetzt werden kann.”

Um das „Potenzial von Religion für den Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft” nach den letzten Wochen noch positiv einzuschätzen, bedarf es schon sehr viel Fantasie. Dass die Gottes-Lobbyisten inner- und außerhalb der Regierung nun aber die antisemitischen Ausschreitungen in Berlin tatsächlich nutzen, um Religion sogar noch aufzuwerten und die Einführung von ROLF voranzutreiben, war leicht zu erwarten, ist aber schwer zu ertragen.

Wir sind bereits in Gesprächen mit mehreren Verbänden und politisch Verantwortlichen, um uns in die Debatte darum einzuschalten – News folgen.


Kürzer notiert

➡️ „Wir irren uns empor.” Hans Albert ist tot. Der Philosoph ist im Alter von 102 Jahren verstorben – doch sein intellektuelles Erbe ist in besten Händen.

➡️ Im Podcast mit seinem Vorgänger Helmut Fink hat unser Vorsitzender Philipp Möller den Status Quo der säkularen Politik in Deutschland beleuchtet.

➡️ Die Aktionsgruppe „Elftes Gebot” ist mit dem Hängematten-Bischof zur Weltsynode der Katholischen Kirche nach Rom gereist – und und wurde prompt kaltgestellt.

➡️ Begleitet von einer Kundgebung hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über die Freigabe von Natrium-Pentobarbital verhandelt. Eine Entscheidung wird in der kommenden Woche erwartet.

➡️ Haben die Parteien in Bayern die Stimmen der Konfessionsfreien verschenkt?

➡️ Kann der katholische Turbo-Lobbyismus in NRW Fuß fassen?

➡️ Ist denn Deutschland jetzt ein Gottesstaat?


Zum Schluss des Newsletters sind wir in Gedanken im „Nahen Osten”, dem Ursprungsort der „heiligen Schrift”, wo der religiös aufgeladene Krieg weiter wütet. Heilige Krieger erobern und verteidigen heiliges Land – koste es, wen es wolle: Aktuell sind dem Wahnsinn über 10.000 Menschen auf beiden Seiten zum Opfer gefallen.

„Während der morgigen Freitagspredigt werden wir bundesweit in allen Ditib-Moscheen dieses Thema aufgreifen und gemeinsam für den Frieden beten”, wird ein Islam-Funktionär im Tagesspiegel zitiert. Dazu fällt uns nichts mehr ein – doch:

Nach religiös motiviertem Terror „für den Frieden beten“ ist wie …

… ein „Konterbier” nach einer durchzechten Nacht: Es verschafft kurzfristige Linderung, zementiert auf Dauer aber das Problem.

… Homöopathie: Es soll Gleiches mit Gleichem heilen, aber die Wirkung bleibt aus – und das Problem bestehen.

… mit dem Flugzeug zur Klimakonferenz zu fliegen.

Wir bleiben dabei: Die beste Zeit für säkulare Politik ist jetzt.

Auf bald,

Ihr und Euer Team vom