Transkript:
“Wer bis heute tatsächlich noch glaubt, dass Religion in Deutschland Privatsache ist, sollte sich mal anschauen, was letzte Woche in Düsseldorf passiert ist. Da hat nämlich der frisch ernannte Erzbischof aus dem Bistum Paderborn, Udo Markus Benz, seinen Treueid geschworen – aber nicht in der Kirche auf die Bibel, sondern in der Staatskanzlei auf die Verfassung. Und zwar mit einem Treueeid (das kann man auch auf der Homepage nachlesen) aus dem Reichskonkordat von 1933, dem sogenannten Hitlerkonkordat.
Es gibt eine Menge Kirchenprivilegien, die noch aus dem Nationalsozialismus stammen. Dazu gehört die Kirchensteuer in ihrer heutigen Form, auch der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach. Und dass das insgesamt nicht so richtig gut ankommt, das merkt auch der Bischof selbst.
Bischof Benz: «Für manche ist dieses Verhältnis von Kirche und Staat, das sich im Treueid zum Ausdruck bringt, kritisch gesehen.»
Ja, weil hier ein Bischof, der nicht demokratisch gewählt, sondern vom Vatikan ernannt wurde, vor dem demokratischen Staat vereidigt wird. Und übrigens wird auch von ihm bezahlt, denn das Gehalt des Bischofs kommt nicht aus der Kirchensteuer, sondern aus allgemeinen Steuergeldern, obwohl das Bistum mit über 7 Milliarden Euro Vermögen das reichste Bistum in ganz Deutschland ist.
Aber hier geht es nicht nur um Geld, hier geht es um die Macht der Kirchen. Es geht um ihren Einfluss auf Politik und Staat, und dieser Einfluss wird hier ganz offen demonstriert. Der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, wird der religiösen Rechten zugeordnet und wäre fast sogar Schulminister geworden. Und NRWs Ministerpräsident, Hendrik Wüst, hält den Menschen für das Ebenbild Gottes, will sich eine Gesellschaft ohne Kirchen gar nicht erst vorstellen und er sagt bei der Vereidigung, und das halten wir für den Kern des Problems: «Die Kirchen sind immer unsere ersten Ansprechpartner.»
Genau, die Kirchen werden mit solchen Veranstaltungen nämlich nicht nur auf den Rang von staatlichen Institutionen erhoben, sondern sie sind für Kirchenfunktionäre wie Wüst, Liminski und Co halt immer die ersten Ansprechpartner. Sie werden also erheblich bevorzugt. Und da ist doch echt kein Wunder, dass Caritas und Diakonie immer noch ein eigenes Arbeitsrecht haben, das verfassungswidrig ist und auch europarechtswidrig ist, und dass die Kirchen immer noch als das soziale Rückgrat Deutschlands gelten. Und genau darauf spielt Bischof Benz hier auch an:
Bischof Benz: «Zugleich stehen wir mitten in einer großen strukturellen Veränderung. Wir werden weniger in diesem Land. Für uns wird es mittelfristig schwieriger werden, die Einrichtungen in ihrer großen Zahl aufrecht zu erhalten.»
Aber das sind Fake News. Christliche Krankenhäuser, Pflegeheime, Kindergärten und Schulen werden nicht aus der Kirchensteuer bezahlt, sondern von uns allen. Für eine solche Kirchenpropaganda ist die Staatskanzlei doch wirklich der vollkommen falsche Ort. Gegen eine Kooperation des Staates mit den Kirchen, sowie mit anderen Sozialträgern, auch wer wirklich überhaupt nichts einzuwenden hat, aber hier machen drei Kirchenmänner ganz offenkundig die Staatsgeschäfte unter sich aus.
Und dieses Geklüngel des Staates mit den Kirchen, das verletzt nicht nur das Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates, es verletzt auch das Vertrauen der Menschen in den Staat. Und in der Hinsicht bilden Politik und Kirchen ohnehin schon die gemeinsamen Schlusslichter Deutschlands. Das Misstrauen in die Kirche ist die eine Sache, aber das Misstrauen in die Politik ist brandgefährlich. Und solche Aktionen machen es ganz bestimmt nicht besser.
Also liebe Politiker, schaffen Sie den Treueid aus der NS-Zeit ab, bezahlen Sie den Kirchenapparat nicht länger aus Steuergeldern und achten Sie endlich darauf, dass Religion Privatsache ist – auch Ihre eigene.”