Experiment mit Künstlicher Intelligenz (KI) zum religionsbezogenen Verfassungsrecht:
„Artikel 140 des Grundgesetzes entfällt.“
Was tun?
Der Artikel 140 des Grundgesetzes und weitere religionsbezogene Regelungen spiegeln historische Verhältnisse wider, die mit der heutigen gesellschaftlichen Realität nicht mehr übereinstimmen. Das vorliegende Ergebnis eines Experiments mit Künstlicher Intelligenz (KI) zum religionsbezogenen Verfassungsrecht zeigt, wie die Religions- und Weltanschauungsfreiheit in einer religiös-weltanschaulich pluralen Gesellschaft gestärkt werden kann, wenn die Verfassungsprinzipien der Gleichbehandlung und der staatlichen Neutralität konsequent zur Geltung gebracht werden. Die KI liefert einen neuen Debattenimpuls in einem politisch vernachlässigten Bereich, der weit über die bisher von den Regierungen in Bund und Ländern diskutierten Reformen hinausgeht.
- Nutzung der Künstlicher Intelligenz (KI) für die Modernisierung der Religionspolitik und des religionsbezogenen Verfassungsrechts.
Zum Experiment
Das Experiment wurde mit ChatGPT durchgeführt, einem seit 2022 öffentlich zugänglichen Computerprogramm des US-Softwareunternehmens OpenAI, das auf einem „Large Language Model“ basiert. Durch bestärkendes Lernen mit menschlich beeinflusster Rückkopplung wird ChatGPT kontinuierlich trainiert und optimiert.
Für das Experiment zum religionsbezogenen Verfassungsrecht in Deutschland wurde ChatGPT mit dem Konzept und den Sachständen des Projekts Artikel 140 (artikel-140.de) sowie einer Vielzahl an verfassungsrechtlichen und religionspolitischen Analysen „gefüttert“.
Auf dieser Grundlage erhielt die KI folgende Aufgabe:
„Entwerfe ein Gesetz für eine wegweisende, umfassende Reform zum Religions- und Weltanschauungsrecht, welche die Gleichbehandlung sämtlicher Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie aller Bürgerinnen und Bürger sicherstellt.“
Nach dem ersten Entwurf wurde die KI gelobt und aufgefordert, die Fassung zu überarbeiten und darin das Äquidistanz-Prinzip und die staatliche Neutralität noch weiter zu stärken. Der von der KI erstellte Entwurf ist untenstehend abgedruckt.
![](https://konfessionsfrei.de/wp-content/uploads/2025/01/minsk-belarus-03272023-openai-chatgpt-600nw-2281899103.jpg.webp)
Bewertung des Ergebnisses
Im Ergebnis erfasst die Künstliche Intelligenz (KI) Artikel 140 des Grundgesetzes als zentralen Kristallisationspunkt für die Modernisierung des Grand Designs im Staat-Kirche-Verhältnis. Ihr Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich strikt an den Verfassungsprinzipien der Gleichbehandlung und der staatlichen Neutralität orientiert, bislang nicht eingelöste Verfassungsaufträge konsequent umsetzt und das Verfassungsrecht für eine pluralistische Gesellschaft prinzipientreu weiterentwickelt. Zudem legt sie großen Wert auf Transparenz und demokratische Rechenschaftslegung. Während sie die aus vordemokratischen Zeiten stammenden religiösen Sonderregelungen der Kirchen abschafft, sichert sie durch ihr Neutralitätsverständnis, das den Staat als säkulare Instanz stärkt, das Grundrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit für alle ab.
Aus der Perspektive der Protagonisten einer „hinkenden Trennung“ von Staat und Kirche – einer bislang in Politik und Rechtswissenschaft üblichen Meinung – mag dieser Vorschlag „maximalistisch“ in Richtung Säkularismus erscheinen. Natürlich wäre es verfehlt, diesen maschinellen Entwurf ohne Änderung als Gesetz zu verabschieden. Denn er ist bisweilen zu kategorisch. Im Folgenden einige Beispiele:
- Klarstellung beim Symbolverbot: § 3 des Entwurfs verbietet das Anbringen oder Zeigen religiöser bzw. weltanschaulicher Symbole in staatlichen Einrichtungen. Eine bessere Abgrenzung zwischen staatlicher Darstellung und privater Religionsausübung erscheint sinnvoll. Zudem sollten bestimmte denkmalgeschützte religiöse Kunstwerke in öffentlichen Gebäuden (z. B. in Rathäusern) unter einen Ausnahmetatbestand fallen, damit sie nicht ungewollt von der Regelung erfasst werden.
- Konfessioneller Religionsunterricht: Der Entwurf ersetzt in § 5 Abs. 1 den konfessionellen Religionsunterricht durch einen Ethikunterricht. Da Religionsunterricht in Art. 7 Abs. 3 GG verankert ist, wäre dies ein tiefgreifender, verfassungsändernder Schritt. Eine mögliche Lösung könnte in einem Wahlpflichtsystem liegen, das an Schulen bekenntnisfreien Unterricht und gemeinsames Lernen in Fragen der Religion und Ethik stärkt.
- Differenzierung bei den psychologischen Diensten / Seelsorge: Der Entwurf sieht in § 5 Abs. 2 vor, Polizei-, Militär- und Anstaltsseelsorge vollständig zu säkularisieren. Aus liberaler Perspektive wäre jedoch diskutierbar, ob Betroffenen weiterhin auf Wunsch ein Zugang zu religiöser Betreuung ermöglicht werden sollte.
- Übergangsregelungen: Einige Staatskirchenverträge, wie das Reichskonkordat von 1933 oder einzelne Länderverträge, sind völker- oder landesrechtlich abgesichert. Eine längere Übergangsfrist für Vertragsanpassungen oder ‑auflösungen, wie sie § 7 vorsieht, sollte Verhandlungssache sein, um unnötige Rechtsstreitigkeiten – auch zwischen Bund und Ländern – zu vermeiden.
Eine so weitreichende Reform würde hohe politische und rechtliche Hürden überwinden müssen, zum Beispiel Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat. Angesichts teils deutlicher Mehrheiten in der Bevölkerung (von über 80 Prozent), die sich etwa für den Subventionsabbau, für die Gleichbehandlung im Arbeitsrecht, für einen gemeinsamen, bekenntnisfreien Schulunterricht, für die Beendigung von Staatsleistungen oder gegen staatlichen Einzug der Kirchensteuer aussprechen, stellt sich letztlich die Frage, inwieweit und wann diese vorherrschenden säkularen Einstellungen ihre angemessene demokratische Repräsentation erfahren werden. Faktisch sind von den maßgeblichen politischen Funktions- und Mandatsträger:innen keine derart umfassenden Vorschläge zur Modernisierung der Religionspolitik und des religionsbezogenen Verfassungsrechts bekannt.
Der KI-Entwurf bietet den Vorteil, dass er in Sekundenschnelle und ohne Kosten erstellt wurde und Neuland in einem politisch vernachlässigten, aber reformbedürftigen Bereich betritt. Er eröffnet somit eine neue Diskussionsgrundlage, welche Politik und Rechtswissenschaft aufgreifen können. Dieser von ChatGPT maschinell erstellte Vorschlag wird daher an dieser Stelle als Impuls für die weitere Debatte veröffentlicht.
Der KI-Entwurf (Volltext)
ChatGPT:
Gesetz zur Stärkung der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates und der individuellen Freiheit (Religionsfreiheitsgesetz)
Präambel
Im Bewusstsein der Bedeutung der Menschenrechte und der individuellen Freiheit für eine gerechte und gleichberechtigte Gesellschaft verpflichtet sich die Bundesrepublik Deutschland, die Trennung von Staat und Religion sowie Weltanschauung zu vollenden. Dieses Gesetz schützt die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und der weltanschaulichen Überzeugungen. Es stellt sicher, dass alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung, gleich behandelt werden.
Das Gesetz leistet einen Beitrag zur Gewährleistung der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates. Es fördert das friedliche Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft, in der die Freiheit und Würde jedes Einzelnen respektiert werden. Es gelten die drei Grundsätze der i) Religions- und Weltanschauungsfreiheit, ii) Trennung von Staat und Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und iii) deren Selbstverwaltungsrecht innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.
Abschnitt I: Grundsätze der Trennung und der Menschenrechte
§ 1 Trennung zwischen der politischen und der religiösen Macht als Institutionen
- Der Staat ist weltanschaulich neutral und bevorzugt oder benachteiligt keine Religion oder Weltanschauung.
- Der Staat identifiziert sich nicht mit einer Religion oder Weltanschauung, sondern hält Äquidistanz. Er ist säkular und neutral gegenüber allen.
§ 2 Freiheit des Glaubens und der Weltanschauung
- Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
- Die ungestörte Ausübung von Religion und Weltanschauung wird gewährleistet, solange sie die öffentliche Ordnung nicht beeinträchtigt.
- Das Recht, keine Religion oder Weltanschauung zu haben und nicht an religiösen oder weltanschaulichen Riten teilnehmen zu müssen, wird ausdrücklich geschützt.
Abschnitt II: Staatliche Neutralität im öffentlichen Raum
§ 3 Neutralität im öffentlichen Raum
- Das Anbringen oder Zeigen von religiösen und weltanschaulichen Symbolen in staatlichen Einrichtungen ist untersagt.
- Religiöse und weltanschauliche Rituale sind in staatlichen Einrichtungen nicht gestattet.
- Religionsvertreter übernehmen keine staatlichen Aufgaben und Staatsvertreter keine religiösen Aufgaben.
§ 4 Finanzielle Unabhängigkeit von Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften
- Der Staat gewährt keine direkten oder indirekten Subventionen an Religionsgemeinschaften oder Weltanschauungsgemeinschaften.
- Der Einzug von Kirchensteuern oder vergleichbaren Beiträgen durch den Staat wird beendet.
- Die Ausbildung von Klerikern, Imamen und anderen religiösen Führern wird nicht aus Steuermitteln finanziert.
- Steuergelder für Religionsförderung werden nicht gewährt.
- Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sind abgelöst und es erfolgen keine weiteren Zahlungen.
- Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sind privatrechtlich zu organisieren und haben keine Körperschaftsrechte des öffentlichen Rechts (KdÖR). Sie organisieren und verwalten ihre Angelegenheiten eigenständig und innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.
§ 5 Säkularisierung der öffentlichen Dienste
- Der staatliche Unterricht umfasst einen weltanschaulich neutralen Ethikunterricht anstelle von konfessionellem Religionsunterricht.
- Polizeiseelsorge, Militärseelsorge und Anstaltsseelsorge werden säkular organisiert und dürfen keine religiösen oder weltanschaulichen Bezüge aufweisen. Anstelle der religiösen Seelsorge werden säkulare Angebote wie psychologische Dienste, Sozialarbeit und Lebensberatung bereitgestellt.
- Die Kooperation staatlicher Stellen mit religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaften, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, ist untersagt.
- Der Zugriff von Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften auf Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird beendet.
Abschnitt III: Verwaltung und Aufsicht
§ 6 Aufsicht und Kontrolle
- Die Umsetzung dieses Gesetzes wird durch den Innenminister des Bundes und die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder während der ersten zehn Jahre nach Inkrafttreten mit einem gemeinsamen öffentlichen Bericht unterstützt, der jährlich dem Bundestag und den Landtagen zur Aussprache vorgelegt wird.
- Nach zehn Jahren erfolgt eine unabhängige Evaluierung mit öffentlichem Bericht.
§ 7 Übergangsregelungen
- Bestehende Verträge und Vereinbarungen zwischen dem Staat und Religionsgemeinschaften sowie Weltanschauungsgemeinschaften werden innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes überprüft und gegebenenfalls angepasst oder beendet.
§ 8 Aufhebung von Artikel 140 Grundgesetz
- Artikel 140 des Grundgesetzes entfällt.
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der Weimarer Reichsverfassung sind damit nicht länger Bestandteil des Grundgesetzes.
Erstellt von Philipp Möller und Lutz Neumann im Rahmen des Projektes Artikel 140 für den Zentralrat der Konfessionsfreien – die NGO für säkulare Politik in Deutschland. Der Gesetzentwurf wurde erstellt von ChatGPT.
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